„Ich sag Dir, wie Dein Garten aussehen soll…“

05.10.2024
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Seit dem Frühjahr dieses Jahres befasst sich der Bauausschuss mit dem Thema einer möglichen Vorgartensatzung für die Stadt Dietzenbach. Der Entwurf einer solchen Satzung, der im März vom Magistrat in die SVV eingebracht wurde, sieht unter anderem Regelungen zur Gestaltung von neuen Vorgärten, einschließlich Vorgaben zu den Einfriedungen, vor. Sinn einer solchen Satzung soll u. a. sein, sog. „Schottergärten“ und die Versiegelung der Flächen in unserer Kreisstadt zu verhindern.

Unabhängig davon, aus welchen Gründen man sog. Schottergärten nun gut oder schlecht findet, schießt die Stadt nach Ansicht der CDU Fraktion mit diesem Satzungsentwurf wieder einmal deutlich übers Ziel hinaus.

Zunächst einmal gibt es in der Hessischen Bauordnung (HBO) in § 8 Abs. 1 bereits das sog. Begrünungsgebot, nach welchem die sog. „Schottergärten“ bauordnungsrechtlich bereits unzulässig sind. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen, die darlegen, dass man gegen Schottergärten bereits heute bauordnungsrechtlich vorgehen kann. Auf § 8 HBO nimmt seit einem Jahr auch das Hessisches Naturschutzgesetz Bezug und bekräftigt in § 35 Abs. 9, dass Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten grundsätzlich keine zulässigen Verwendungen nach § 8 HBO seien. Wenn es der Stadt also nur um den Ausschluss der Schottergärten ginge, gäbe es keine Notwendigkeit für eine zusätzliche Vorgartensatzung.

Schaut man sich die Regelungen im Satzungsentwurf genauer an, stellt sich die Frage, was in neuen Vorgärten künftig überhaupt noch stehen darf. Dies ist deshalb entscheidend, weil für viele Grundstücke in Dietzenbach der Vorgarten zugleich auch der Hauptgarten oder gar der einzige Garten ist. Ein fest mit dem Boden verankertes Spiel- und Klettergerüst für die Kinder? Sichtschutzzäune aus Holz? Gartenhäuschen? Fahrradabstellboxen? Nein, das alles soll künftig in Vorgärten nicht mehr möglich sein. Was ist mit Stellplätzen für Autos? Auch für diese sieht es schlecht aus. Mit Ironie darf man sich fragen, ob es tatsächlich gewollt ist, dass künftig noch mehr Autos auf öffentlichem Parkraum stehen und die Straßen in den Wohngebieten verstopfen. Dafür soll es künftig aber Pflicht sein einen Laubbaum mit einer Mindestendgröße von acht Metern oder einen Obstbaum mit einem Stammansatz von min. 2,50 m zu pflanzen, auch wenn der Vorgarten z. B. nur eine Breite von 2,5 m hat. Wissend, welche enorme Größe die Wurzeln eines Baumes unter der Erde haben, fragt man sich, wer für Schäden an den Häuserwänden aufkommen soll, die solch große Bäume so nah am Haus verursachen können. Ganz zu schweigen von den Schäden, die durch Baumwurzeln an Bürgersteigen entstehen können. Um nun allen Empörungen vorzubeugen, ja, die Vorgabe Bäume zu pflanzen, kann sehr sinnvoll sein kann. Eine solche Vorschrift muss aber mit Augenmaß erfolgen und abhängig von der Größe eines Vorgartens sein. Und auch der Einwand, dass die Bürger Ausnahmen beantragen könnten, verkennt, dass es Aufgabe der Stadt ist, sich über die tatsächliche Umsetzbarkeit von Vorgaben im Vorfeld Gedanken zu machen und nicht die des Bürgers für nicht umsetzbare Regelungen kostenpflichte Ausnahmen zu beantragen.

Es entsteht der Eindruck, dass mit dem Entwurf den Bürgern vielmehr das Idealbild eines aus Sicht der Verwaltung „richtigen“ Gartens aufgezwungen werden soll. Und nicht zuletzt entsteht auch das Bild, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Durch eine Vielzahl von Bauaktivitäten in den letzten Jahren, wie dem Umbau der Bauhaltestellen, wurden in der Kreisstadt großflächige Pflastersteinareale geschaffen, die wie triste Betonwüsten unser Stadtbild vor allem im Umfeld der Kreisel prägen und u.a. dem Ziel, die Aufheizung der Stadt zu verhindern, entgegenstehen. Wo ist hier der Wille geblieben, der Versieglung der Stadt entgegenzuwirken und „grüne Oasen mit vielfältigen Funktionen für das Stadtklima und das

Stadtbild“ zu schaffen, wie es in der Begründung zur Vorgartensatzung heißt? Müssten die Vorgaben, die die Stadt den Bürgerinnen und Bürgern auferlegt nicht auch für sie selber gelten? Bevor man die Menschen mit überzogenen Vorgaben belastet, sollte die Stadt erstmal im eigenen „Vorgarten“ kehren und überdenken, ob die ständige Bevormundung der Menschen und die überzogenen Forderungen nach Klimaschutz nicht mit ursächlich für derzeitige politische Unzufriedenheit der Menschen ist.

Dass es auch anders geht, belegen viele Beispiele aus anderen Städten. Die Stadt Bad Homburg hat bereits 2019 auf die Probleme, die durch eine solche Satzung entstehen können, reagiert und ihre Vorgartensatzung mit Ausnahme des Bereichs um den Kurpark aufgehoben. Aber auch andere Städte zeigen, dass es auch ausreichen kann, weit weniger Vorgaben zu machen. Die Stadt Fulda z. B. hat ihre wenigen Vorgaben zu Vorgärten kurz und knapp in einem Paragraphen festgehalten.

Angesichts der vielen Herausforderungen, denen sich Dietzenbach aktuell und auch künftig wird stellen müssen, wäre die Stadt gut beraten, sich auf die wesentlichen Aufgaben zu konzentrieren und diesen Entwurf entweder gänzlich zurück zu nehmen, zumindest aber wesentlich zu entschärfen.

Karoline Gieseler

Stellvertretende Fraktionsvorsitzender CDU Dietzenbach, Mitglied des Bauausschusses

Vorstand CDU Dietzenbach